{"DOI":"10.1007/s11609-020-00414-6","abstract":"Zusammenfassung\n Solidarit\u00e4ten sind von beschr\u00e4nkter Reichweite und gehen mit Grenzziehungen einher. Diese sind historisch kontingent und gesellschaftlich umstritten. Eine Vielzahl gesellschaftlicher Konflikte lassen sich soziologisch als Solidarit\u00e4tskonflikte deuten, in denen widerstreitende Ideen \u00fcber Zugeh\u00f6rigkeit, Zusammengeh\u00f6rigkeit und wechselseitige Verantwortung verhandelt werden. Ausgehend von der Vorstellung, dass Solidarnormen den Kern des soziologischen Solidarit\u00e4tsverst\u00e4ndnisses ausmachen, geht der Beitrag der Frage nach, was zentrale Dimensionen der Grenzziehung sind. Es wird vorgeschlagen, zwischen sozialen und substanziellen Grenzziehungen zu unterscheiden. Soziale Grenzziehungen beziehen sich darauf, welche Personen(gruppen), Kollektive und Spezies (nicht) zu einem solidarischen \"Wir\" bzw. zum Solidarit\u00e4tsradius gez\u00e4hlt werden. Durch soziale Grenzziehungen wird somit bestimmt, wer (keine) Chancen auf Zuwendung, Aufmerksamkeit und Unterst\u00fctzung hat. Substanzielle Grenzziehungen adressieren dagegen, welche materiellen oder immateriellen Solidarleistungen die Mitglieder eines Solidarit\u00e4tsradius in welcher H\u00f6he einander schulden und welchen Verbindlichkeitsgrad Solidarit\u00e4t hat. Durch substanzielle Grenzziehungen bestimmen sich damit Anspruchsniveau und St\u00e4rke von Solidarit\u00e4t. In beiden Dimensionen sind Grenzziehungen gekoppelt an legitimierende Ideologien und sozialstrukturelle Voraussetzungen. Ein soziologisches Verst\u00e4ndnis empirisch beobachtbarer Solidarit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse verlangt, dass das Zusammenspiel beider Dimensionen rekonstruiert wird und die Mechanismen offengelegt werden, auf denen Grenzziehungen in beiden Dimensionen basieren.","author":[{"family":"Schnabel","given":"Annette"},{"family":"Tranow","given":"Ulf"}],"id":"unknown","issued":{"date-parts":[[2020,10,28]]},"language":"de","publisher":"Springer Science and Business Media LLC","title":"Zur Einleitung: Grenzziehungen der Solidarit\u00e4t","type":"article-journal"}